Der Autor


Baron Adolph Traugott von Gersdorf wurde am 20. März 1744 auf dem Rittergut Niederrengersdorf bei Görlitz geboren. Er war der jüngere Sohn des kursächsischen Kavallerieobersten Karl Ernst von Gersdorf, der schon 1745 starb. Schon als fünfjähriges Kind erbte er Grundbesitz, und mit 12 Jahren kaufte er seinem älteren Bruder mehrere Dörfer, ein Städchen und die Gutsherrschaft Meffersdorf ab. Gersdorf war also materiell sehr gut situiert. 1750 verheiratete sich seine Mutter Johanna Eleonora zum zweiten Mal. Der Stiefvater und Vormund Gersdorfs war der Vetter seines verstorbenen Vaters, Karl August von Gersdorf (1704–1787), Chef des sächsischen Ingenieurskorps, Minister und Staatssekretär, ein gebildeter und aufgeklärter Mann. Ihm waren auch das Bauwesen, die Militärtechnik, das Landkartenwesen sowie der Innen- und Aussenhandel Sachsens unterstellt. Seinem Stiefsohn, auf den er prägend wirkte, liess er eine standesgemässe und aufgeklärte Erziehung durch nicht weniger als sechs Hauslehrer angedeihen. 1763 immatrikulierte sich Adolph Traugott von Gersdorf an der Universität Leipzig. Er hörte Universalgeschichte, Philosophie und Physik, Botanik, Ökonomie sowie bei Christian Fürchtegott Gellert Moralphilosophie und Literaturgeschichte. Auch genoss er Unterricht in Baukunst, Maschinenbau und technischem Zeichnen. 1766 schloss er das Studium mit dem Titel eines Magisters ab.

Die breitgefächerte, solide Ausbildung sollte Gersdorf befähigen, grosse Ländereien zu verwalten und für zahlreiche Untertanen zu sorgen, denn die Oberlausitz gehörte zwar damals zu Sachsen, war aber faktisch als Adelsrepublik eigenständig. Der Gutsherr verkörperte auf den Dörfern auch die unmittelbare Staatsgewalt. Zudem kannte man in der durch die Schlesischen Kriege 1740 bis 1763 verarmten Oberlausitz noch die Erbuntertänigkeit, so dass Gersdorf grosse Verantwortung für viele von ihm abhängige Menschen trug.

Ab 1767 liess Gersdorf ein Schloss in Meffersdorf erbauen, das Platz für seine sich jährlich vermehrenden Sammlungen und seine grosse Bibliothek bot, die gegen Ende seines Lebens rund 10‘000 Bände enthielt. Allerdings blieb Rengersdorf noch bis 1789 sein Hauptwohnsitz. Als 1769 sein Bruder und seine Mutter starben, erbte Gersdorf noch mehr Grundbesitz. 1770 verheiratete er sich mit Rahel Henriette von Metzradt. Die Ehe blieb kinderlos, und beide Ehegatten hatten wiederholt mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. An die Stelle eigener Kinder traten im Laufe der Jahre Vormundschaften für insgesamt nicht weniger als etwa neun Kinder (von 1769 bis 1807), die jedoch nicht alle von Gersdorf und seiner Frau erzogen wurden, sondern grossenteils bei Verwandten und in Pensionaten untergebracht waren. Allerdings oblag es Gersdorf, ausser seinen eigenen Gütern auch diejenigen seiner Mündel zu verwalten.

So war er zeitlich stark in Anspruch genommen durch grosse, teilweise weit auseinanderliegende Ländereien, auf denen nicht nur Landwirtschaft betrieben wurde, sondern die auch Wald, Heide, Steinbrüche, Granat- bzw. Glasperlenschleifereien, Kalköfen und Torfstechereien umfassten. Die Lehmvorkommen wurden zur Herstellung von Ziegeln genutzt, weshalb auch Ziegeleien vorhanden waren. Zudem waren Gersdorfs Güter mit alten Schürfrechten ausgestattet, die ihn zu Versuchen, auf seinen Gütern den Bergbau zu reaktivieren, veranlassten.

Trotzdem fand er noch Zeit, seine wissenschaftlichen Interessen zu pflegen (siehe unten). 1779 gründete Adolph Traugott von Gersdorf zusammen mit dem Juristen, Historiker und Linguisten Karl Gottlob Anton sowie einigen weiteren aufgeklärten Oberlausitzer Gelehrten in Görlitz die «Oberlausitzische Gesellschaft zur Beförderung der Geschichts- und Naturkunde» (heute «Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften», OLGdW). Diese Provinzialakademie vereinigte sowohl bürgerliche als auch adelige Männer aller wissenschaftlichen Bereiche, um die Wissenschaften zu fördern sowie die wirtschaftliche und kulturelle Rückständigkeit der Oberlausitz zu beheben.

Die Notwendigkeit von Reformen zeigte sich im gleichen Jahr 1779 durch Bauernerhebungen in der Oberlausitz, die auch Gersdorfs Güter betrafen. Daraufhin führte er – etwa gleichzeitig mit Karl Adolph Gottlob von Schachmann, der ebenfalls Gründungsmitglied der OLGdW war – in Meffersdorf Reformen ein. Die bisher Erbuntertänigen erhielten Hof und Acker für wenig Geld zum erblichen Eigentum; sie konnten sich also freikaufen. Ausserdem schloss Gersdorf von beiden Seiten kündbare Dienstleistungsverträge mit ihnen ab. Er setzte sich auch für die Verbesserung des Schulwesens ein und spendete Geld für den Schulunterricht der Landjugend. Von zentraler Bedeutung war die Modernisierung der Landwirtschaft (Abschaffung der Brache, Einführung der Stallfütterung, Mechanisierung von Arbeitsgängen) zur Hebung des allgemeinen Lebensstandards.

1789 zog Gersdorf definitiv nach Meffersdorf, wo er sich vorher nur im Sommer aufgehalten hatte. Der Umstand, dass Gersdorf nun seine Sammlungen und die Bibliothek ganzjährig zur Verfügung hatte, führte zu einer Intensivierung seiner wissenschaftlichen Tätigkeiten in den 1790er Jahren.

Gleichzeitig nahmen auch seine gesundheitlichen Probleme, vor allem sein Gichtleiden, zu, so dass längere Reisen nicht mehr möglich waren. Aus diesem Grund liess er 1803/1804 in der Nähe von Meffersdorf einen Aussichtsturm für Observationen erbauen. Der Turm sollte ihm die Wanderungen auf die Tafelfichte und im Riesengebirge ersetzen, die gesundheitlich nicht mehr möglich waren. Der Name des Turmes, «Mon Plaisir», zeigt, worin Gersdorf seine Freude und innere Erfüllung fand. Während andere Menschen damals ihr Lustschloss so nannten, gab Gersdorf diesen Namen einem Turm, der wissenschaftlichen Zwecken diente.

Er blieb trotz abnehmender Kräfte bis zum Tod rastlos tätig. Am Morgen des 16. Juni 1807 fanden ihn seine Bediensteten tot am Tisch sitzend. Ein Schlaganfall hatte Gersdorfs Leben beendet.


Vanja Hug

(Quelle: Vanja Hug, Martin Schmid und Gerd Folkers (Hg.): Adolf Traugott von Gersdorfs Schweizer Reise, Chronos Verlag Zürich: 2018.)